Der einschlägige Profi im
Transplantationsteam begründet den Begriff Hirntod durch Hirn
funktionsausfall (insoweit vom Außenstandpunkt aus messbar bzw.
gemessen) bei unterstellter Irreversibilität:
Werden die Einwände von Coimbra bzgl. der Annahme der Irreversibilität a priori mittlerweile angemessen berücksichtigt?
Der Einwand gegen diese Art Hirntodkonzept resp. -diagnostik/-prognostik seitens Prof. Cicero Galli Coimbra (Video s.u.: Interview 2009) richtet sich gegen die pauschale Annahme der Irreversibilität. Er erklärt den Funktionsausfall, so weit er "quasi messbar" ist (
fehlende Signale/Reaktionen), durch Schwellung/Druck mit resultierender Minderdurchblutungsintensität von noch 20-50% (Schwellung drücke auf Blutgefäße). Diese Minderdurchblutung
unterdrücke die Reflexe. Also nix Hirntod, sondern s.o. Hirn
funktionsausfall. Mit Nachlassen der übermäßigen Drucksituation und Normalisierung der Durchblutung gehe diese "Unterdrückung" der Reflexe peu á peu zurück. Der Patient könne sich dann im besten Fall erholen - immer vorausgesetzt, dass das Gewebe bis dahin nicht nekrotisiert ist.
Bildlich gesprochen:
Schwellung ist keine Einbahnstraße; "Funktionsunterdrückung" ist keine Einbahnstraße.
In diesem Zusammenhang argumentiert Coimbra gegen das hirntoddiagnostische Testen des Atemreflexes per minutenlangem Beatmungsstopp zu Testzwecken: Man unterbricht die an sich erfolgreiche intensivmedizinische Versorgung. Und klar, wenn die lokale Durchblutungsleistung bereits/noch auf 20-50% reduziert ist, man aber die Sauerstoffversorgung vermittels Beatmungsstopp weiter runter drückt, ohne dass der Atemreflex einsetzen kann,
dann reicht es irgendwann leider doch nicht mehr, um das Gewebe zu versorgen. Und wenn ich recht informiert bin, dann ist dieser Test immerhin auf bis zu ganze 10min standardisiert!
(Jeder Ersthelfer müsste sich fragen lassen, warum er nicht sofort Beatmung/Herzdruckmassage geleistet hat...)
Ergo eine Intervention ggf. zum Nachteil des Probanden, denn es droht eine Nekrotisierung (die ggf. vorab noch gar nicht bestand), zuallererst im ZNS, u.a. im Atemzentrum. Nekrotisierung ihrerseits ist nicht gaaanz so reversibel (sondern leider Typ Einbahnstraße: Hirntoddiagnostik vs. Rehabilitationschance). Und sicherlich stellen sich nicht wenige freiwillige Organspender den Hirntod unmittelbar als irreversible und weitreichende Nekrotisierung vor, nicht aber als vorübergehende Funktionsunterdrückung.
Entsprechende Einzelfälle von weitestgehender Erholung sind bekannt, weil sie
--> von ihren Angehörigen vor der Organspende geschützt wurden, die
--> die als aussichtslos dargestellte Prognose nicht hinnehmen wollten und die angefragte Hirntoddiagnostik/Organspende ausschlossen,
--> den Patienten z.T. in eine andere Klinik bringen konnten,
--> wo die Pflege erfolgreich auf Rehabilitation ausgerichtet wurde.
Da muss also erstmal einiges zusammenkommen... Malvegil ist nicht die einzige, die solche Fälle als Fehldiagnosen/Scheintote einordnet und Fallberichte diskreditiert - ohne einzugestehen, dass es sich bei diesen Fehldiagnosen/-prognosen um einen
prinzipiellen Webfehler des Konzepts handelt.
Kritische Punkte: institutionell veranlasstes "Abstellen der Maschinen" u.dgl.; verweigerte Verlegung in eine andere Klinik (wirken sich ggf. wie Sollbruchstellen aus).
Coimbra argumentiert in diesem Zusammenhang für die Behandlung der Schwellung (bspw. bei anlassbezogener Hypothyreose u.ä.) zugunsten des Patienten anstelle der invasiven Hirntoddiagnostik.
Daß der Hirntod dann nicht zum kompletten Tod (unwissenschaftlich gesprochen) führt, wenn man den Körper weiter künstlich beatmet und ernährt, sollte eigentlich Allgemeinwissen sein.
Ebenfalls allgemeinverständlich sollte sein, dass nicht nur der "Körper weiter künstlich beatmet und ernährt" wird, sondern ebenfalls das Gehirn...