Ich möchte dringend vorwegschicken, dass ich in all dem, was ich beschreibe noch ganz am Anfang stehe. Also nur von etwas rede, das ich "verstanden" habe. In winzigen Ansätzen habe ich auch Nuancen davon kennengelernt. Darum bin ich auch so gefesselt von der Thematik.
Besteht nicht die Gefahr, wenn ich mich nur im Jetzt zentriere, daß ich die Lösung dieser Aufgaben vernachlässige oder vergesse?
Die Frage muss zwangsläufig aufkommen, wenn man sich durch z.B. Eckhart Tolle aufgefordert fühlt ins Jetzt zu kommen und dadurch dem "Leidensstrang" zu entkommen.
So wie ich es verstanden habe, ist der Zugang zum Jetzt durch die Erkenntnis zu bekommen, dass weder Vergangenheit noch Zukunft existieren. Das klingt natürlich zunächst absurd. Meine Vergangenheit ist für mich extrem real. ich kann mich deutlich an alles erinnern, was mir wiederfahren ist und all das löst ebenso deutliche Gefühle (Gefühlserinnerungen) in mir aus, die mir sehr glaubhaft vermitteln, dass die Vergangenheit keine Illusion sein kann. Wenn ich sage "ich kann mich" deutlich erinnern, meine ich, ohne lange nachzudenken, mich selbst und vernachlässige das Hinterfragen, wer ist "ich"?
Wenn ich behaupte, dass in vergangener Zeit Dinge passiert sind, die
mich zu der Person gemacht haben, die ich heute bin, ist das eine ziemlich fadenscheinige Behauptung.
Ja, es ist vieles geschehen. Das darf auch ruhig weiter erinnert werden. In Momenten, in denen es unbedingt sein muss, weil jemand etwas gefragt hat und man sich erinnern muss...ja, das war dann und dann, um auf eine Frage zu antworten, z.B.. Aber muss unsere Vergangenheit uns in der Art anfassen, beeinflussen, schmerzhaft belasten oder glücklich machen, wie sie es bei den meisten von uns tut? Und welcher Teil in uns ist es, der dringend daran festhält?
Es ist der Teil, der glaubt, ohne all diese Gegebenheiten nichts zu sein, nicht zu existieren. Das Ego, oder der Egogeist, oder Egoverstand, wie auch immer man ihn nennen möchte. Der konditionierte Teil, der glaubt, wenn ich alles loslasse, was mir bislang Schmerzen bereitete oder mich glücklich machte, existiere ich nicht mehr!
Wenn ich permanent im jetzt bin, im Sein bin, dann brauche ich die Lektionen des Lebens nicht mehr. Dann sind wir erleuchtet (das Wort ist meiner Meinung nach sehr missbraucht und missverstanden worden. Es wirkt für viele so abgehoben, weil man glaubt, erleuchtet bedeutet, dass man über allem steht und eine Art Gott ist. Gott ist ein ähnlich abgenutzter Begriff...). Deswegen ist das ständige Leben im Jetzt ja auch frei von Leid. Wir sind dann nicht mehr von dieser "Welt" (auch der Begriff muss erst beleuchtet werden) und ihren Ereignissen abhängig. Wir können etwas erleben, das schmerzt, ja. Wir können etwas erleben, das gewöhnlich glücklich machen würde, ja.
Die Ereignisse würden ebenso vorhanden sein, wie sonst auch, aber sie wären auf der einen Seite nicht mehr so schmerzhaft und auf der anderen Seite nicht mehr so verheißungsvoll.
E.T. nennt das, in der Welt leben, aber nicht von ihr sein.
Während die Gefühlsebene uns im Jetzt behält, wir uns mit unseren Wahrnehmungssinnen im Jetzt befinden, ist die kognitive Denkebene jederzeit bereit paralell zu Arbeiten.
Auch der Begriff "denken" möchte, denke ich, beluchtet werden.
Der Verstand ist, wenn wir im Jetzt sind in der Lage um Einiges frischer und effektiver zu arbeiten, als im gewöhnlichen Dämmerschlaf, in dem wir uns befinden. Insbesondere ist er aber auch kreativer.
Denken ist nur dann hinderlich, wenn das gesamte "System" überschattet ist vom denkenden, konditionierten Egogeist.
Ich glaube, daß jede Begegnung mit „Gutem“ oder auch „Schlechtem“ einen Sinn hat und uns die Möglichkeit gibt, zu reifen, Unter diesem Aspekt wäre es sinnvoll, wenn ich öfter in unsere normale, anerzogene Realität zurückgeholt werde.
Ja, Ludwig, das glaube ich auch! E.T. empfiehlt dazu, niemals gegen ein Gefühl oder einen Gedanken in uns anzugehen oder uns dafür zu verurteilen. Wünsche Dir niemals einen Zustand, in dem Du nicht gerade bist! Gebe Dich stets mit dem Zustand zufrieden, in dem Du Dich jetzt gerade befindest und er wird sich in Frieden verwandeln.
Dazu kommt mir noch etwas in den Sinn, das ich mit großem Staunen gelesen habe und anfänglich hatte ich große Schwierigkeiten damit.
Er fordert dazu auf nicht jeden Gedanken zu glauben!! Ich habe zunächst nicht verstanden, was er damit meint. Wie soll ich denn nicht an meine Gedanken glauben? Das wäre ja so, als ob ich ein bisschen durchgedreht wäre...so dachte ich.
Tatsächlich, das begriff ich dann einige Tage später, ist das ein wesentlicher Punkt.
Wir sind
identifiziert mit unseren Gedanken.
Es geschieht etwas. Sofort beurteilen wir die Situation, bewerten sie als schlecht oder gut und die dazu passenden Gefühle werden dann im Körper ausgelöst. Der Schmerzkörper hat in diesem Moment(wenn es ein sogenanntes negatives Ereignis ist) die Gelegenheit überhand zu nehmen und uns vorzugaukeln, dass er wir sind. Dann geht normalerweise alles von vorn los.
Sind wir allerdings im Jetzt verankert, dann hat unser Schmerzkörper(der im übrigen äußerst listig ist) keine Chance! Wir sind dann so gegenwärtig, so wach, dass wir wissen, dass die Gedanken, die in uns aufsteigen nur der Verstand ist, der uns vormachen will, dass er sehr wichtig ist! Dass er der Boss ist! Er hat Angst, dass wir erkennen, dass er nur ein kleines quengelndes Blag ist, das nicht die geringste Entscheidungsgewalt hat! Wenn wir das in exakt dem Moment, in dem der Schmerzkörper zuschlagen will, erkennen, sind wir (zumindest für den Moment oder die Situation) ausgestiegen. Es ist besonders am Anfang extrem schwierig den Schmerzkörper, in dem Moment, in dem er zuschlagen will, zu entlarven. Ihn direkt anzuschauen und zu erkennen, das ist mein Schmerzkörper. wenn es allerdings gelingt, hat er, wie gesagt, nicht mehr die Chance und anzugreifen. Er mag den direkten Blick auf ihn nicht. Dann sackt er förmlich zusammen und wird gegenstandslos.
Ich habe es mehrfach geübt. es ist ein riesen Ahaerlebnis! Plötzlich merkt man, dass man ja gar nicht unglücklich sein
MUSS.
Sondern, dass wir eine Wahl und damit eine Verantwortung haben.